Wernigerode

Brockenbahn setzt erneut auf Dieselloks zum Schutz vor Waldbränden im Harz

Wernigerode – Die Brockenbahn fährt in diesem Sommer wieder verstärkt mit Diesellokomotiven. Hintergrund ist die hohe Waldbrandgefahr im Nationalpark Harz, die die Harzer Schmalspurbahnen (HSB) zu vorbeugenden Maßnahmen zwingt. Der Umstieg von Dampf- auf Dieselbetrieb sorgt für Sicherheit, beeinflusst aber auch das touristische Erlebnis am Brocken.

Diesel statt Dampf: Reaktion auf steigende Waldbrandgefahr

Die Harzer Schmalspurbahnen (HSB) haben ihre Betriebsstrategie in den vergangenen Jahren mehrfach angepasst. Seit 2024 gilt: Bereits ab Waldbrandgefahrenstufe 4, also „hoher Gefahr“, wird der Dampfbetrieb auf der Brockenstrecke eingeschränkt und durch Dieselloks ersetzt. Zuvor griff diese Regelung erst bei der höchsten Stufe 5. Grund für diese Anpassung ist die erhöhte Brandgefahr, die insbesondere in den Sommermonaten durch langanhaltende Trockenperioden entsteht.

Ein Sprecher der HSB erklärt: „Funkenflug und glühende Partikel aus den Schornsteinen der kohlebefeuerten Dampfloks stellen bei trockener Vegetation ein erhebliches Risiko dar. Der Dieselbetrieb reduziert dieses Risiko deutlich.“ Damit reagiert das Unternehmen auch auf öffentliche Debatten nach Waldbränden der vergangenen Jahre, bei denen Dampfloks als mögliche Brandquelle genannt wurden – auch wenn eindeutige Beweise in Einzelfällen fehlten.

Ab welcher Stufe wird umgestellt?

Viele Besucher fragen sich: Ab welcher Waldbrandstufe wird die Brockenbahn auf Dieselbetrieb umgestellt? Die Antwort ist klar: Bereits bei Stufe 4 erfolgt der Wechsel, um gar nicht erst eine kritische Lage entstehen zu lassen. Damit setzen die HSB auf Prävention, bevor ein Brand ausbrechen kann.

Angepasster Fahrplan in Trockenphasen

Mit der Umstellung auf Dieselloks geht auch ein veränderter Fahrplan einher. Im regulären Betrieb verkehren acht Fahrtenpaare zwischen Drei Annen Hohne und dem Brocken. Im Ersatzfahrplan während hoher Waldbrandgefahr werden daraus sieben Fahrtenpaare. Die Abfahrtszeiten sind dabei so angepasst, dass weiterhin ein verlässlicher Tagesverkehr gewährleistet ist, jedoch mit reduzierter Frequenz.

Fahrgäste erfahren von den Änderungen über die HSB-Website, Social-Media-Kanäle, Aushänge an Bahnhöfen sowie über Verkaufsstellen. Besonders für Tagesgäste ist diese Information wichtig, um die letzte Berg- oder Talfahrt nicht zu verpassen.

Tabellarische Übersicht: Regulär vs. Ersatzfahrplan

Betriebsphase Fahrtenpaare pro Tag Loktyp Besonderheiten
Normalbetrieb 8 Dampflok Voller Fahrplan
Hohe Waldbrandgefahr (Stufe 4) 7 Diesellok Ersatzfahrplan, geänderte Abfahrtszeiten
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Waldbrandgefahrenindex als Auslöser

Die Grundlage für die Betriebsentscheidung liefert der Waldbrandgefahrenindex (WBI) des Deutschen Wetterdienstes. Dieser reicht von 1 (sehr geringe Gefahr) bis 5 (sehr hohe Gefahr). Bereits bei Stufe 4 greifen die Schutzmaßnahmen. In den Sommermonaten 2025 lag der WBI im Harz mehrfach über mehrere Tage hinweg auf Stufe 4 oder 5. Parallel dazu meldete der Nationalpark Harz Trockenheit und sprach offizielle Warnungen aus.

Eine aktuelle Modellstudie der Ludwig-Maximilians-Universität München in Kooperation mit Naturschutzbehörden prognostiziert, dass das Waldbrandrisiko im Harz aufgrund des Klimawandels bis zum Ende des Jahrhunderts um bis zu 37,6 Prozent steigen könnte. Solche Zahlen unterstreichen, dass präventive Maßnahmen in touristischen Hotspots keine Ausnahme, sondern künftig eher die Regel sein werden.

Funkenflug und andere Brandursachen

Die Frage vieler Interessierter lautet: Kann Funkenflug der Dampflok Waldbrände auslösen? Theoretisch ja – glühende Partikel aus dem Schornstein können trockenes Gras oder Reisig entzünden. In der Praxis lässt sich jedoch nicht jeder Brand direkt auf Dampfloks zurückführen. Auch weggeworfene Zigaretten, Glasflaschen oder mutwillige Brandstiftung spielen eine Rolle. Trotzdem bleibt der Funkenflug bei sommerlicher Trockenheit ein nicht zu unterschätzendes Risiko.

Interessanterweise übernehmen Züge in einigen Fällen auch eine entgegengesetzte Rolle: Sie melden Brände frühzeitig. In einem dokumentierten Fall war es der erste Zug des Tages, der Rauchentwicklung meldete, woraufhin die Feuerwehr schnell reagieren konnte.

Technische Alternativen im Gespräch

In Foren und sozialen Medien wird über technische Lösungen diskutiert, die den Dampflokbetrieb auch bei hoher Brandgefahr ermöglichen könnten. Unter anderem steht die Umrüstung auf Leichtölfeuerung im Raum, die weniger Funkenflug verursachen soll. Ob und wann solche Umbauten tatsächlich in Betrieb gehen, ist derzeit noch offen.

Tourismusfaktor Brockenbahn

Die Brockenbahn ist weit mehr als ein Transportmittel. Mit jährlich rund einer halben Million Fahrgästen allein auf der Brockenstrecke ist sie einer der wichtigsten touristischen Anziehungspunkte im Harz. Der Brocken selbst verzeichnet rund 1,75 Millionen Besucher im Jahr. Wernigerode, der Hauptausgangspunkt für Fahrten zum Brocken, zählt über 1,2 Millionen Übernachtungen jährlich – ein Spitzenwert in Sachsen-Anhalt.

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Einige Touristen äußern in sozialen Netzwerken Verständnis für die Sicherheitsmaßnahmen, bedauern jedoch den Verlust der „Dampf-Romantik“. Andere loben den reibungslosen Dieselbetrieb und betonen, dass Sicherheit vor Nostalgie gehe. Hier zeigt sich das Spannungsfeld zwischen touristischem Erlebnis und notwendigem Brandschutz.

Wie viele Fahrtenpaare verkehren mit Diesel statt Dampf?

Die Umstellung betrifft nicht nur den Loktyp, sondern auch die Anzahl der Verbindungen. Wie erwähnt, reduziert die HSB die Fahrten von acht auf sieben Paare pro Tag, wenn der Dieselbetrieb greift. Diese Anpassung ist ein Kompromiss zwischen Sicherheitsanforderungen und dem Anspruch, den Brocken für Touristen weiterhin erreichbar zu halten.

Zusätzliche Präventionsmaßnahmen

Neben der Umstellung auf Dieselloks setzt die HSB auf Verhaltensprävention. Dazu zählen erhöhte Bußgelder für Rauchen auf Bahngelände oder in unmittelbarer Nähe zu den Gleisen. Kampagnen mit Slogans wie „Hier qualmt nur einer!“ sollen die Aufmerksamkeit der Fahrgäste schärfen und bewusst machen, dass jede Unachtsamkeit fatale Folgen haben kann.

Fragen aus der Community und ihre Antworten

  • Warum fährt die Brockenbahn bei Waldbrandgefahr mit Diesellok?
    Weil Dieselloks keine Funken und glühenden Partikel in dem Maße wie Dampfloks freisetzen und somit das Brandrisiko stark senken.
  • Wie erfahren Fahrgäste von Fahrplanänderungen bei hoher Waldbrandgefahr?
    Über Aushänge, die Website der HSB, Social-Media-Posts und Verkaufsstellen an Bahnhöfen.
  • Gibt es Kritik am Dieselbetrieb statt Dampf?
    Ja, vor allem von Nostalgiefans. Viele akzeptieren die Maßnahme jedoch als notwendigen Kompromiss zur Sicherheit.

Auswirkungen auf die Region

Die Brockenbahn ist eng mit der Identität der Harzregion verknüpft. Ein dauerhafter oder häufiger Wechsel zu Dieselbetrieb könnte langfristig das Image verändern. Dennoch sehen Tourismusexperten die Maßnahme positiv, da Waldbrände nicht nur ökologischen, sondern auch wirtschaftlichen Schaden anrichten würden. Ein großer Brand im Nationalpark könnte jahrelang negative Folgen für den Tourismus haben.

Wirtschaftliche Zahlen der HSB

  • Fahrgastzahl 2023 gesamt: ca. 1,07 Millionen
  • Davon Brockenstrecke: ca. 503.000
  • Umsatz 2023: ca. 15 Millionen Euro

Netzresonanz und öffentliche Wahrnehmung

Auf Social Media herrscht eine gemischte Stimmung. Während einige Reisende Dieselzüge als „Arbeitstiere“ loben und ihre Zuverlässigkeit betonen, posten andere Bilder von Dampfloks und wünschen sich „den echten Harzduft“ zurück. Auffällig ist, dass die HSB ihre Kommunikation sehr sorgfältig gestaltet: Offizielle Kanäle zeigen oft Dampflokbilder, selbst wenn Dieselbetrieb herrscht – vermutlich, um die Markenidentität zu wahren.

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Historischer Kontext

Das Problem des Funkenflugs ist nicht neu. Historische Quellen verweisen auf Brandereignisse durch Eisenbahnen bereits im frühen 20. Jahrhundert, wie etwa den Brand im Primkenauer Forst 1904. Damals waren technische Brandschutzmaßnahmen deutlich weniger ausgereift, doch die Gefahr blieb über Jahrzehnte präsent. Die heutigen Dieselumstellungen sind also in einer langen Tradition vorbeugender Anpassungen verankert.

Ausblick

Der Harz steht in den kommenden Jahrzehnten vor der Herausforderung, steigende Waldbrandgefahren mit einem florierenden Tourismus in Einklang zu bringen. Technische Innovationen wie Leichtölfeuerung könnten in Zukunft helfen, die Dampflok auch bei hoher Brandgefahr fahren zu lassen. Bis dahin wird der Wechsel auf Dieselloks bei Stufe 4 wohl ein fester Bestandteil des Sommerbetriebs bleiben.

Die Balance zwischen Sicherheit, Technik und Emotion ist dabei ein fortwährender Prozess. Dass die Brockenbahn nicht nur Teil der regionalen Infrastruktur, sondern auch ein Symbol für den Harz ist, macht jede Entscheidung umso bedeutender. Prävention mag den nostalgischen Charakter zeitweise schmälern – sie ist jedoch entscheidend, um die Natur, die Menschen und das Erlebnis Brockenbahn langfristig zu bewahren.

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Über den Autor

Berichte und Artikel

Ich bin im Herzen des Harzes aufgewachsen; Diese mystische und sagenumwobene Region inspirierte mich schon früh. Heute schreibe ich aus Leidenschaft, wobei ich die Geschichten und Legenden meiner Heimat in meinen Werken aufleben lasse. Der Harz ist nicht nur meine Heimat, sondern auch meine Muse.