
Wernigerode – Die traditionsreichen Harzer Schmalspurbahnen stehen vor einer ihrer größten Herausforderungen seit ihrer Gründung. Das Netz der beliebten Dampfbahnen im Harz ist marode, der Investitionsbedarf geht in die hunderte Millionen Euro. Ohne staatliche Hilfen und ein schlüssiges Sparkonzept könnte dem Herzstück des Harzer Tourismus eine ungewisse Zukunft drohen.
Eine Bahn mit Tradition und Zukunftsproblemen
Die Harzer Schmalspurbahnen (HSB) sind weit mehr als ein Transportmittel. Sie sind Symbol für den Harz, Touristenmagnet und gelebte Eisenbahngeschichte. Jährlich fahren über eine Million Menschen mit der Brockenbahn, der Harzquerbahn oder der Selketalbahn. Der Anblick der dampfenden Lokomotiven gehört ebenso zum Harzer Landschaftsbild wie die Berge und Wälder.
Doch unter der nostalgischen Oberfläche verbirgt sich ein massives Sanierungsproblem. Ein Gutachten zeigt: Bis zum Jahr 2045 sind Investitionen von bis zu 800 Millionen Euro notwendig, um die Infrastruktur, Brücken, Schienen und die betagten Fahrzeuge in einen sicheren und stabilen Zustand zu versetzen. Der Kostenbedarf übersteigt die Möglichkeiten des Unternehmens bei weitem.
Millionenverluste belasten die Bilanz
Die wirtschaftliche Situation ist angespannt. 2023 verzeichnete das Unternehmen ein Defizit von 2,4 Millionen Euro. Im Jahr 2024 stieg das Minus bereits auf 5,6 Millionen Euro, und allein im ersten Halbjahr 2025 beläuft sich das Defizit auf etwa 4 Millionen Euro. Diese Entwicklung zeigt klar, dass die HSB nicht nur mit dem Sanierungsbedarf, sondern auch mit der täglichen Kostenspirale kämpfen.
Besonders problematisch sind die hohen Instandhaltungskosten. Während andere Bahnstrecken in Deutschland durchschnittlich rund 15,40 Euro pro Kilometer kosten, liegen die HSB bei 47 Euro pro Kilometer. Diese Diskrepanz macht deutlich, dass das kleine, historische Netz weit mehr Aufwand erfordert, als es moderne Schienennetze tun.
Landesmittel reichen nicht aus
Das Land Sachsen-Anhalt hat bereits mehr als 20 Millionen Euro in den Jahren 2024 und 2025 in die HSB investiert. Das ist weit mehr als im ursprünglichen Verkehrsvertrag vereinbart, dennoch reicht es nicht. Die Infrastrukturministerin Lydia Hüskens fordert ein Sparkonzept, das auch unbequeme Maßnahmen prüfen soll: von Streckenschließungen bis hin zu einem ausgedünnten Fahrplan.
Bis Ende September muss die Geschäftsführung nun einen detaillierten Wirtschafts- und Investitionsplan vorlegen. Dieser soll zeigen, wie die Bahn die immensen Kosten in den Griff bekommen und gleichzeitig ihre Attraktivität für Touristen und Einheimische sichern will.
Fahrgastzahlen steigen trotz Krise
Eine paradoxe Situation: Trotz finanzieller Probleme verzeichneten die Harzer Schmalspurbahnen im Jahr 2023 steigende Fahrgastzahlen. Insgesamt reisten rund 1,07 Millionen Menschen mit den Bahnen – ein Zuwachs von 9 Prozent im Vergleich zu 2022. Allein die Brockenbahn lockte über 500.000 Gäste an, ein Anstieg von 7 Prozent.
Auch der Umsatz konnte leicht gesteigert werden. Mit fast 15 Millionen Euro lag er sogar über dem bisherigen Rekordjahr 2019. Das Deutschlandticket trug hierzu wesentlich bei: Etwa 155.000 Fahrgäste nutzten das Angebot, um die romantischen Dampfbahnen im Harz zu erleben.
Technische Herausforderungen und Modernisierung
Doch die steigenden Fahrgastzahlen kaschieren nicht die Probleme im Betrieb. Immer wieder kommt es zu Ausfällen, verursacht durch schlechtes Wetter, Personalmangel oder fehlende Ersatzteile. In den Werkstätten mussten 2023 fünf Lokomotiven und acht Wagen umfassend instandgesetzt werden. Auch die Umrüstung der Loks auf Leichtölfeuerung ist in Vorbereitung, um die Betriebskosten und Umweltbelastung zu senken.
Ein Nutzer fragte kürzlich: „Warum sind die Fahrgastzahlen trotz Defiziten gestiegen?“ – Die Antwort liegt in der besonderen Attraktivität der Dampfbahnen. Für viele Reisende ist die Fahrt ein Erlebnis, kein bloßes Verkehrsmittel. Diese emotionale Bindung gleicht finanzielle Schwächen teilweise aus.
Selketalbahn: Stilllegung droht
Besonders dramatisch ist die Situation der Selketalbahn. Der Betrieb ruht derzeit aufgrund von Bauarbeiten an einem Hochwasserrückhaltebecken. Ab Ende 2026 wird die Strecke voraussichtlich für fünf Jahre nicht befahrbar sein. Ob sie danach jemals wieder in Betrieb geht, ist ungewiss. Für viele Eisenbahnfans und Einheimische stellt sich die Frage: „Droht der Selketalbahn Stilllegung?“ – Die ehrliche Antwort lautet: Ja, das Risiko ist real.
Dampftradition trifft auf Sparzwang
Die Harzer Schmalspurbahnen leben von ihrem nostalgischen Dampferlebnis. Eisenbahnfreunde warnen: „Ohne Dampf verliert die Bahn ihren Zauber.“ Gleichzeitig wird diskutiert, ob Diesel- oder Hybridlösungen günstiger und zuverlässiger wären. Die Diskussion zeigt das Spannungsfeld zwischen Tradition und Wirtschaftlichkeit.
In sozialen Medien wird dieses Thema intensiv diskutiert. Viele Reisende berichten, dass sie ihre Fahrten gezielt danach planen, ob eine Dampflok fährt. Fährt stattdessen eine Diesellok, sind manche Gäste enttäuscht. Das zeigt, wie stark die Identität der Bahn an die Dampfkultur gebunden ist.
Neue Betreiberideen und Tourismusfaktor Brocken
Auch am Brocken stehen Veränderungen bevor. Der bisherige Brockenwirt zieht sich zurück, ein neuer Betreiber wird gesucht. Geplant sind zusätzliche Attraktionen wie ein Kinderspielplatz und eine Eventbühne, um den Gipfel touristisch noch attraktiver zu machen. Die Bahn bleibt damit ein zentrales Bindeglied zwischen touristischem Angebot und regionaler Wirtschaft im Harz.
Fragen nach Kosten und Finanzierung
Viele Bürger und Fahrgäste stellen sich die Frage: „Wer trägt die Kosten für die Sanierung der Harzer Schmalspurbahnen?“ – Bisher haben die Länder Sachsen-Anhalt und Thüringen Millionen zugeschossen. Doch klar ist: Ohne weitere langfristige Vereinbarungen werden diese Mittel nicht ausreichen. Kommunen, Bund und Tourismuswirtschaft könnten ebenfalls stärker in die Pflicht genommen werden.
Auch eine weitere Nutzerfrage spiegelt die Sorgen wider: „Wie hoch ist der Sanierungsbedarf der Harzer Schmalspurbahnen?“ – Die Antwort liegt zwischen einem dreistelligen Millionenbetrag kurzfristig und bis zu 800 Millionen Euro bis 2045.
Diskussionen in Foren und soziale Medien
In Eisenbahnforen wird kontrovers diskutiert. Themen sind etwa das Preisniveau, die langsamen Durchschnittsgeschwindigkeiten und die mangelnde Vermarktung. Ein Nutzer schrieb: „Eine Tagesfahrt von Wernigerode nach Quedlinburg ist schlicht zu teuer und unattraktiv.“ Andere schlagen „Plan-Dampfzüge zu festen Zeiten“ vor, um die Erwartung der Fahrgäste besser zu erfüllen.
Fotos aus der neuen Werkstatt in Wernigerode zeigen zudem Engpässe im Wagenpark. Mehrere Packwagen sind nicht einsatzfähig, was die Flexibilität der Bahn zusätzlich einschränkt. Solche operativen Probleme wirken sich unmittelbar auf die Zufriedenheit der Gäste aus.
Internationale Aufmerksamkeit
Auch internationale Touristen interessieren sich zunehmend für die Dampfbahnen. Auf Reiseplattformen wird die Brockenbahn oft als „scenic train ride“ empfohlen, ein Erlebnis, das man bewusst als Attraktion bucht. Damit wird klar: Der Harz profitiert touristisch weit über die Region hinaus von seinen Schmalspurbahnen. Eine Investition in die Bahn ist daher auch eine Investition in die gesamte touristische Wertschöpfungskette der Region.
Sanierung zwischen Romantik und Realität
Die Harzer Schmalspurbahnen stehen vor einem Wendepunkt. Zwischen der Bewahrung der Dampfromantik und den harten ökonomischen Realitäten müssen Kompromisse gefunden werden. Die Bahn ist nicht nur Technik, sondern Teil der Identität des Harzes. Ein Wegfall oder starke Einschränkungen hätten massive Folgen für Tourismus, Wirtschaft und Kultur.
Der Harz braucht diese Bahn, und die Bahn braucht die Unterstützung von Politik, Gesellschaft und Gästen. Die kommenden Monate werden entscheidend sein: Der Wirtschafts- und Investitionsplan, der bis Ende September vorgelegt werden muss, wird zeigen, wie die Zukunft der Schmalspurbahnen aussieht. Fest steht: Der Harz kann es sich kaum leisten, dieses Stück lebendige Geschichte zu verlieren.